Archiv für Januar 2007

Europa der GastfreunDe

Donnerstag, 11. Januar 2007

Für die nächsten sechs Monate hat Deutschland den Vorsitz der EU Ratskommision. In gewisser Weise sind wir also Gastgeber. Europa soll vorangebracht werden.

Auf der Seite der Bundeskanzlerin steht dazu wörtlich:

„Was bringt das den Menschen?


Die europäische Integration ist eine fortlaufender Prozess. Jede Präsidentschaft arbeitet ein Stück mit an ihrer Gestaltung. Die Bundesregierung will während ihrer Präsidentschaft verstärkt die Vorteile der EU für die Menschen in Deutschland und in den anderen Ländern herausstellen.
 
Für viele Menschen in Deutschland ist Frieden heute eine Selbstverständlichkeit. Das ist die größte Errungenschaft der Europäischen Union. Die EU ist verantwortlich für die längste Phase friedlichen Zusammenlebens zwischen den Mitgliedstaaten in der Geschichte. Und sie ist verantwortlich für wirtschaftlichen Wohlstand. Alleine seit 1993 sind über 2,5 Millionen Arbeitsplätze durch den gemeinsamen Binnenmarkt in Europa entstanden.
 
Deutschland will verdeutlichen, dass es zu einer weiteren Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit angesichts der weltweiten Herausforderungen keine Alternative gibt. Nur gemeinsam können Frieden und Wohlstand in Europa  gesichert werden. Daher steht die deutsche Präsidentschaft unter dem Motto: „Europa gelingt gemeinsam.“

Die Gebote der Gastfreundschaft wären für die Moderation dieser Aufgabe eine gute Inspiration.

Würdevolles Geben und Nehmen

Donnerstag, 11. Januar 2007

dscn0532.JPG  Würde. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Steht im Grundgesetz Artikel 1.

„Beherrschung der Triebe durch die moralische Kraft ist Geistesfreiheit, und Würde heißt ihr Ausdruck in der Erscheinung.“ Steht bei Schiller.( Ãœber Anmut und Würde, 1793 ) Solche Sätze müssen wir heute schon ein wenig erklären.

Wir zahlen Sozialabgaben, Steuern, Beiträge zur Pflegeversicherung. Für viele Menschen ist dies kein Problem, solange sie wissen, dass ihre Gelder sinnvoll verwendet werden. Im Islam, auch im Christentum, ist das freiwillige Almosen geben eine tragende Säule des Glaubens. Das schöne Wort Almosen, aus dem griechischen ins lateinische gerutscht, und von der ursprünglichen Bedeutung her „milde, barmherzige Gabe“ oder „Jammer, Klage“ meinend, wird heute zum Sozialhilfeempfänger, gemeint Almosenempfänger in negativer Bedeutung von „der, der anderen auf der Tasche liegt“.

Da ist die Würde natürlich schnell dahin. In der Apostelgeschichte ( 20,35 ) erinnert Paulus an Jesu Worte: „Geben ist seliger denn nehmen.“  Geben ist ist ein Ausdruck von Nächstenliebe und eine bewußte Vergegenwärtigung, dass es ein Geschenk ist, auf der Seite des Gebenden zu sein. Schnell kann es anders werden. Armut kann jeden treffen.

Der Generationenvertrag wird im Moment viel diskutiert. Wie lange hält er noch? Wieviele junge Menschen haben ihn innerlich bereits gekündigt? Aus Angst vor ihrer Zukunft und als Ausdruck schwindenden Vertrauens? Die Generation Praktikum lebt, weil Eltern und Großeltern ihren Lebensunterhalt bezahlen. Was machen die, die solchen Familienrückhalt nicht haben?

Die starke Gemeinschaft ist hier gefragt. Achten wir aufeinander. Vergessen wir nicht, dass wir alle „hier“ zu Gast sind. Geben und Nehmen in Achtung der Würde ist mehr als ein Zweckbündnis. Es ist auch Ausdruck des Respekts vor etwas, dass größer ist als wir selbst.

Unser 6. Gebot der Gastfreundschaft lautet: Gib mehr als du bekommst. Wo ist da die Balance? Manchmal verzweifelt man ja an den Vorab-Investitionen, oder? 

Ökologischer Egoismus

Mittwoch, 10. Januar 2007

dscn1518.JPG  Ökologischer Egoismus…gibt es das? Klar. Wenn nicht, dann ab jetzt.

Wir haben Januar und vor der Tür sind es 12 Grad plus. In Frankfurt habe ich gestern 14 Grad gemessen. Alle Eltern, die ihren Kindern zu Weihnachten einen Schlitten geschenkt haben, mussten dabei kräftig von „früher“ erzählen. Die lieben Kleinen glauben nämlich nicht, das es Schnee wirklich gibt. Haben Sie ihnen bereits die Klimakatastrophe erklärt?

Vor ca. 200 Jahren lebte ein Mann namens Immanuel Kant. Der war Philosoph und hat viel und gründlich nachgedacht. Dann, eines Tages, ging er zu seinem Stehpult und schrieb folgenden Satz auf: „Gestalte dein Leben so, dass es bejahenswert ist.“ Seit dem nennt man diesen Satz den „Kategorischen Imperativ“.

Was das miteinander zu tun hat? Nun, wir können natürlich täglich in unserem Stadtteil herumspazieren, uns wundern, dass um diese Jahreszeit die Bäume ausschlagen und die Menschen draußen in den Biergärten sitzen. Wir können auch über unsere Lebensprobleme klagen, fordern dass man für 20 € auf eine Insel fliegen kann, um dort für 100 € zu Abend zu essen.

Kennen Sie das Buch von Herrn Hillman, „Hundert Jahre Psychotherapie und der Welt geht es immer schlechter“? ( von 1993 ) Es bestehen im Augenblick berechtigte Zweifel über die wirkliche Lernfähigkeit des Homo Sapiens. Die Veränderungsbereitschaft steht auf dem Prüfstein. Werden wir durchfallen? Können wir diese Prüfung wiederholen? Was überzeugt uns, die Fakten oder die Angst? Wem soll man in dieser Sache glauben?

Angst ist ein schlechter Lehrmeister. Dafür gibt es genügend Beispiele. Kant glaubte an die Vernunft. Eine Möglichkeit, die Zusammenhänge in der Welt zu begreifen. Zum Beispiel das Kleingedruckte auf den Produkt-Verpackungen zu lesen und – wenn nichts wertvolles und nährendes drin ist – sich davor zu ekeln und es nicht zu kaufen. Warum sollten wir etwas essen oder trinken, was uns schadet? Langfristig gesehen ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Das hat wiederum mit Aufklärung zu tun und das würde Herrn Immanuel Kant freuen, denn so ein Verhalten ist ein Ausdruck von ökologischem Egoismus. Das ist klug und sozial. Wir denken an uns selbst und handeln dabei im Sinne von vielen. So gestalten wir langsam, Schritt für Schritt, unser Leben so, dass es bejahenswert wird. Ökologischer Egoismus ist also keine Tugend mehr, sondern eine Notwendigkeit. Für uns selbst, für andere, für die Natur und die Welt.

So gesehen, kann Egoismus ein Weg zum Glück sein.

 

Flow-Erlebnis

Mittwoch, 10. Januar 2007

dscn0289.JPG  Nach unglaublich intensiver Forschung, weltweiter Befragung führender Köpfe und Geister seit Erfindung der Buchdruckkunst, hat man herausgefunden, was das häufigste, meist genannteste Flow-Erlebnis ist:

das Lesen eines guten Buchs.

Wenn also Glückserfahrung das Aufgehen im eigenen Tun ist, dann sollten wir mehr lesen. Auf jeden Fall Zeit mit sich selbst verbringen – und mit anderen. In innerer Versunkenheit sein, statt dauernder Berieselung.

Das Gefühl des Erfülltseins stellt sich dann ein, wenn die Handlung des Buchs uns in einen Zustand der Seins- und Zeitverlorenheit bringt. Was für ein Kriterium für die Auswahl der Literatur – oder des Partners.

Zu dem Verhältnis von Arbeit und „Flow“ kommen wir ausführlichst zu einem anderen Zeitpunkt.

Ohne Freude an dem was wir tun, können wir auf Dauer auch gar nicht ( über )-leben.

 

Ein guter Rat!

Montag, 08. Januar 2007

 kind-schreibt-1_300.jpg Kurz vor seinem Tod schrieb ein Philosoph an die junge Tochter eines Freundes folgende Zeilen:

„Schaffe alles Glück, das du schaffen kannst; beseitige alles Elend, das du beseitigen kannst. Jeder Tag schenkt dir aufs Neue die Möglichkeit, etwas zum Glück eines anderen Menschen beizutragen oder ihm einen Teil seiner Sorgen zu nehmen. Für jeden Keim an Freude, den du im Herzen eines anderen legst, wirst du in deinem eigenen Herzen reiche Ernte finden. Und für jede Sorge, von der du die Seele und die Gedanken eines anderen Menschen befreien kannst, wird in deiner Seele Freude und ein wunderbarer Friede einkehren.“

Wer uns die Quelle nennen kann, dem schenken wir ein GastfreunD-Shirt. Es reicht auch, wenn Sie uns einen Beleg  nennen können, der sich auf diese Quelle bezieht.

Selbstverständlich ist der Rechtsweg ausgeschlossen und das bekannte Umfeld wird entlarvt!!! Da hilft auch kein angeklebter Bart.

Philosophische Praxis online

Sonntag, 07. Januar 2007

dscn0298.JPG  19.10 Uhr. Seit 10 Minuten ist mein neuer Webauftritt zur Philosophischen Praxis online.

Sie sind herzlichst eingeladen: www.thomasbebiolka.de

 

Religiöse Ehrfurcht

Sonntag, 07. Januar 2007

digitalcamera-073.jpg   In vielen Konflikten der Welt, die zwischen unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften ausgetragen werden, geht es oft um religiöse Ehrfurcht. Vor allem um die Frage, was jeder darunter versteht.

Was jeder aber verstehen kann ist, dass religöse Ehrfurcht ein sensibles und leicht zu irritierendes Gefühl ist. In unserer Gesellschaft, in der viele sogenannte „aufgeklärte“ Menschen rumlaufen, kann das Wissen um Grundtugenden der Gastfreundschaft wie Respekt und Achtung schnell verloren gehen.

Selbstverständlich ist die Verteidigung des eigenen Glaubens Sache der Gläubigen selbst. Es bedeutet aber nicht, jede Verletzung oder Verhöhnung der eigenen Grenzen im Geiste der Liebe und Versöhnung ertragen zu müssen. Es sollte zum Allgemeinwissen gehören, dass das Betreten heiliger Orte wie Kirchen oder Moscheen bestimmte Verhaltensregeln erfordern. Der Respekt vor der Andersartigkeit anderer gebietet, sich zu informieren und zu lernen. Es darf nicht egal sein.

Wer anderen Vorschriften machen will, sollte mit gutem Beispiel voran gehen. Wir beobachten im Umgang Andersgläubiger untereinander oft viel Verwirrung. Mit dem gezogenen Schwert der Wahrheit in jede Situation zu stürmen, und andere in Begründungsdiskussionen zu verwickeln, ist nicht immer sinnvoll. Oft ist es ratsam und klug, erstmal den vielleicht unbekannten Geschichten und Bildern zu lauschen, unverständliche Rituale zu beobachten, neugierig zu sein und dabei zurückhaltend.

Die Vielfalt und Verschiedenheit hält oft große Ãœberraschungen für uns bereit, wenn wir bereit sind, uns darauf einzulassen.

 

Vom Suchen und Finden des Glücks

Samstag, 06. Januar 2007

dscn0686.JPG  Wer Gastfreundschaft gewährt, gibt Heimat auf Zeit, schenkt Zugehörigkeit und Sicherheit, lädt ein zu Begegnung: elementare Bausteine menschlichen Glücks.

Die Initiative „ich bin gastfreunD“ ist aus unserem Glücksucher-Projekt hervorgegangen, das 2004 startete. ( www.gluecksucher.de ) Ab sofort können wir hier gemeinsam über unsere und Ihre Erfahrungen bei der Glücksuche nachdenken.

Unter den Augen der Welt

Mittwoch, 03. Januar 2007

Vor einiger Zeit haben wir einen Beitrag zum Thema „Nation Branding“ geschrieben. Simon Anholt ist der Initiator des „Anholt Nation Brands Index“ der deutlich macht, wie stark das Interesse an Markentheorie bei den Regierungen der Welt ist. Es geht also darum, auf effektive Weise die Reputation eines Staates zu verstehen, zu erklären, darzustellen – wenn Sie so wollen: welche Note schreiben wir auf das Karteikärtchen.

Auf den ersten Blick kann es für Nichteingeweihte verwirrend sein, einen Staat wie ein Produkt im Supermarkt zu betrachten. Aber man hat herausgefunden, dass die Öffentlichkeit bei dem Versuch, sich in einer immer komplexer werdenden Welt zu orientieren, zur Simplifizierung neigt. Und das wird – aus der Sicht und den Interessen der jeweiligen Regierungen – den Staaten und den vielfältigen Aufgaben nicht gerecht.

Deshalb ist der internationale Branding-Boom und die Idee eines „Brand-Managements“ so populär. Und außerdem: wenn es zur Excellenz der Haltungen und der jeweiligen Steuerungsmodule beitägt – bitte. Wir alle – das Volk – werden dann davon profitieren.

Wie sieht es denn nach dem „Anholt Nation Brands Index“ in Deutschland aus?…Nun, wir haben die siebtstärkste Marke von 25 ( Australien 1ter – Türkei letzter! ), wir sind mehr daran interessiert, unser Image zu pflegen, als es zu verändern oder zu entwerfen, unsere Regierungsform wird geschätzt, man erkennt unser Investitionpotential an, die Deutschen schätzt man als Angestellte oder Manager, weniger als Freunde oder Gastgeber!!!, dh Platz 4 bei „hireabillity“ ( würde ich einstellen ) und Platz 15 bei „Gastfreundschaft“, wir sind effektiv und verlässlich, weniger lustig und sympathisch. Wir schneiden als sicheres touristisches Reiseziel sehr schlecht ab, Platz 15, und werden als „voraussagbar“ kategorisiert.

Wir gelten als schlechte Repräsentanten unseres kulturellen Erbes, liegen weit hinter England, Frankreich, Italien oder Spanien. Unser Markenimage macht einen gesunden, aber harten und kalten Eindruck. Wir werden als Volk nicht mit Begriffen wie Gastfreundschaft, Wärme, Schönheit, Kultur oder Freude belegt.

Frage: Wie kommen solche Vorurteile international zustande? Jeder, der mit Vorurteilen arbeitet weiß, dass nur die Behauptung des Gegenteils nichts bewirkt. Was zählt sind Beweise und Erfahrungen. Und: das man die Deutschen im Business für vertrauenswürdige Partner hält, ist ja schon mal was. Umgekehrt wäre es bestimmt schwieriger.

Was aber auch noch in der Analyse steht: wie jede große soziale Unternehmung hängt auch „Nation Branding“ von der Kraft visionärer Führung ab. Damit haben wir natürlich aufgrund jüngster Geschichte ein Problem.

Trotzdem, den Schlusssatz möchte ich gerne zitieren:“Wie die meisten anderen Länder muss Deutschland lernen, wie man an sich selbst glaubt, bevor es andere glauben machen kann.“

Wie sehen Sie das?

 

Die Zeitlosigkeit des Turmbaus zu Babel

Mittwoch, 03. Januar 2007

Wenn Sie das Gefühl haben wollen, dass die Welt ein Dorf ist, je nach Perspektive sich auf einen Punkt verdichtet, das Leben eine Geschichte, an verschiedenen Orten erzählt – dann schauen Sie sich bitte den neuen Film des großartigen mexikanischen Regisseurs Alejandro Gonzàles Inàrritu an.

Der Film heißt „Babel“ und läuft im Augenblick in den Kinos. Es ist ein vielschichtiges, bildgewaltiges Epos. Ein Schuss in der marokkanischen Wüste löst eine Kette von ineinander verzahnten Ereignissen aus, die den Zuschauer in einem Atemzug nach Japan, Mexico und wieder nach Marokko mitnimmt. Die Geschichten haben eine fatale Logik, die jeden Systemiker faziniert und in denen man sehr viel über innere Konflikte, das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen und Gastfreundschaft erfahren kann.

Die Anspielung auf die biblische Geschichte ( Buch Genesis ) des Turmbaus zu Babel zeigt, dass wir auch heute international nur mühsam voran kommen, die unglaubliche Kluft zwischen arm und reich, zwischen erster und dritter Welt, zwischen haben und nicht haben, zwischen Hightechwelt und Ochsenkarren, zwischen der Normalität des „Dazugehörens“ und der Realität des „Ausgeschlossenseins“ zu überwinden.

Wir alle wollen verstehen und verstanden werden. Wer verstehen will braucht als erstes Zeit, um zuzuhören. Hören worum es sich handelt, was der andere für eine Geschichte zu erzählen hat.